Prism Abwehr

Da bleiben wir aber geteilt, die eine Hälfte kennts von der Stasi, die andere von der Rasterfahndung aus der RAF-Jagd - wie sehr sich die einstmals zwei Staaten doch ähneln...

Gruß kingjon

 

Ich war vor 30 Jahren durchaus friedensbewegt und umweltschützerisch: Schülerzeitung, friedliche Demos, Schulstudienfahrt in die DDR, Friedenskonzerte mit anwesenden Fotografen im Trenchcoat (statt Parka; konnten sich nicht mal gescheit tarnen). Habe mir aber nichts zu Schulden kommen lassen. War ja auch nicht nötig, man eckte schließlich schon so überall an.

Umso erstaunter war ich, als ich als W-15er beim Bund (da kam nicht drum rum) plötzlich zum MAD-Gespräch musste. Der einzige, dem das noch so erging, war ein Stubenkollege, der wegen einer Kneipenklopperei eine kleine Bewährungsstrafe aufgebrummt bekommen hatte. Der Macker vom MAD (dürfte längst in Pension sein) hat sich dann aber überzeugt, dass ich eben doch kein RAF-Sympathisant war. Jedenfalls bekam auch ich die Freigabe, Wachdienst in einem Atomwaffenlager der Amis bei Flensburg zu schieben. Nur wieso hatten die mich überhaupt auf dem Kieker? Die Frage wollte er mir nicht beantworten.

 

Ein gutes Beispiel wie man unbemerkt in ein nicht bekanntes Suchmuster fällt, aber auch gleichzeitig erschreckend...!

Ich kannte jemanden, der sich jedes WE alles mögliche eingepfiffen hat, ob legal oder nicht... - in der Woche lief er mit einer MP um den Bundestag, er war beim BGS.
Da hatte ich Bedenken auf was der alles schießen könnte in seinem Rausch, aber von Kontrolle keine Spur - wo war da die Überwachung?

Gruß kingjon

 

>Nur wieso hatten die mich überhaupt auf dem Kieker?<

na spätestens wegen das hier:
"Schulstudienfahrt in die DDR" plus " Wachdienst in einem Atomwaffenlager der Amis"
der Mann hatte ja Feindberührung :-D
jede Abwehr guckt dann da hin

in der DDR wäre ein umgekehrter Fall:
"West-Kontakte" plus "Wachdienst in einem Atomwaffenlager der Roten Armee" übigens nicht mal denkbar
statt dessen hättest du dein Leben lang eine dicke Akte, die Stasi hätte überlegt, wo sie bei dir einen IM stationieren, deine Briefe hätte man mitgelesen und solltest du etwa ein Telefon gehabt haben (so Mitte 1980 hatten von 100 Werktätigen nur so 16 ein Telefon) würden deine Gespräche mitgehört/mitgeschnitten.
Denn der Mielke war paranoid - und wie der Herr, so das Gescherr.

 

Das lag zu dem Zeitpunkt zwei Jahre zurück und hatte sogar den Effekt, dass ich die Welt sehr zu schätzen lernte, in der ich lebte. Trotzdem: die können das eigentlich nur gewusst haben, wenn sie die Reisepass- und Visumsdaten unserer Projektgruppe gehabt haben, denn ich habe das nie an die große Glocke gehängt Himmel, müssen die paranoid gewesen sein.

Bei uns lief das anders. Die BRD hatte einen Politischen frei gekauft. Der hatte zwar schon NVA-Dienst geschoben, musste jedoch hier trotzdem noch Wehrdienst ableisten. Was aber tun die Schreibtischtypen? Sie teilen ihn, ohne dass er je eine Chance gehabt hätte, die Freigabe zu erhalten, unserer Sonderwaffen-Einheit zu. Die Folge: er wurde zum Zeugwart gemacht und musste seine Zeit im Keller des Kompaniegebäudes zubringen.

Viel Tageslicht hat er deshalb während der Dienstzeiten nicht gesehen. War schon absurd, dass, wenn wir Vergatterung hatten und Einsatzbefehle erhielten, er aus Geheimhaltungsgründen den Raum verlassen musste. Da er aber weit Schlimmeres erlebt hatte und wir ansonsten sehr kameradschaftlich mit ihm umgingen, hat er das soweit für uns sichtbar gut verkraftet. Wenn ich heute noch die Figur des Garak in DS9 sehe, muss ich spontan an ihn denken.